~ Der Tag meiner Flucht ~
Kapitel 08
 

Einer der schlimmsten Tage meines Lebens

Es gab keine Zeit mehr etwas zu planen oder zu organisieren,
um wenigstens einen Teil meiner Sachen vorab aus dem Haus zu bringen.
Es gab nur ein "jetzt oder nie" oder ich gehe da zu Grunde.

Durch Zufall und einem Telefonat mit einer Person, die IHN da in der Reha erlebt hat, habe ich noch erfahren, das während ich hoffnungsvoll auf seine Rückkehr wartete, noch mühselig seine Küche und den Flur gestrichen hatte, das er da schon mit einigen Frauen im Bett gelegen hat, er sie sich passend gemacht hat, dass sie ihn anhimmeln. Was dann letzendlich auch wohl der Grund war, warum er nur noch an seinem Smartphone klebte.

An seinem Geburtstag, den ich auf keinen Fall mit ihm verbringen wollte, habe ich mich in der Früh` mit meinen 3 Kobolden ins Auto gesetzt und es ging ab Richtung Ostsee, zur Besichtigung des Ferienhäuschen. Es war eine irre Tortur für mich und die Hundchen, über 10 Std. hin- und zurück auf der Autobahn, mit vielen Pausen dazwischen, es war mega-anstrengend, aber ich wollte mir schon gerne mal anschauen, wo wir dann wohnen werden und ich war auch so selig, dass mein altes, kleines Auto uns nicht im Stich gelassen hat.

Mitten in der Nacht kamen wir wieder an seinem Haus an, Zuhause konnte ich es nicht mehr nennen. Es war noch Licht unterm Dach und mit einem fürchterlich beklemmenden Gefühl schlich ich mich leise rein und war froh, das meine 3 kleinen Mäuse keinen Mucks mehr von sich gaben, sie waren auch echt im Eimer, von dem anstrengenden Tag und der langen Fahrt.
Er hatte sich nicht mehr blicken lassen, Gott sei Dank !

Mir war klar, dass ich ihm, durch meine Abwesenheit an seinem Geburtstag und das ich ihm nicht mal gratuliert habe, nun wieder einen schönen Grund und prima Zündstoff geliefert hatte, mich bei seiner Familie und dem Umfeld durch die Scheisse zu ziehen, was ich doch für ne schlimme Frau bin, aber das war mir in dem Moment so unendlich egal....

und ich wollte wirklich nur noch eins... schlafen !

Für meine Flucht gab es nur den 23.06.2015, denn der Mann, der mir seine Hilfe und sein Ferienhäuschen als Unterschlupf anbot, wollte in Urlaub fahren. Was bedeutet hätte, das ich noch 3 Wochen länger, diesem unerträglichem Zustand da im Haus und diesem eiskalten "Ding" ausgeliefert gewesen wäre.

Ständig damit rechnen müssen das er durchdreht und über mich herfällt, mich einfach schnappt und drauf haut, mich die Treppen runterschupst, oder sonst was....? Diese ständige panische Angst das er mich jederzeit angreiften könnte...

das war nicht mehr zu ertragen, absolut unmöglich, es wäre in irgendeine Richtung eskaliert, ganz sicher...

und mein Bauchgefühl sagte mir, raus hier, ganz schnell raus hier...

lass alles stehen und liegen und nichts wie weg !

Und eines ist sicher...
keine Frau der Welt stopft
in Windeseile das Nötigste in gelbe Säcke- und Einkaufstüten, lässt komplett alles zurück und zieht fast 400 km entfernt, mutterseelen allein in eine wildfremde Stadt, in eine ungewisse Zukunft und dann noch mit 3 kleinen Hunden im Schlepptau...

das macht man nicht mal eben so, das muss man erstmal bringen,
so etwas tut man nur aus unglaublicher Angst und purer Verzweiflung.

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Am frühen Morgen fing ich an, so lautlos wie es nur eben ging, die mir wichtigsten Sachen zusammenzutragen und irgendwo reinzustopfen. An meine Koffer kam ich nicht ran, sie waren im Nebengebäude, das war abgeschlossen und die Schlüssel bei ihm oben. Unaufhörlich liefen mir die Tränen, so schlimm zu wissen das alle Hoffnung zerschlagen war, ich einen sinnlosen Kampf geführt habe und ich in dem Haus nichts weiter als in großer Gefahr war und das ich mich nun aufmachen muss, in meine ungewisse Zukunft.
Mir schmerzte mein ganzer Körper vor Kummer.

Ich war gerade unten im Schlafzimmer, packte Strümpfe und Unterwäsche ein, als er plötzlich im Türrahmen stand. Ich war natürlich achtsam und habe auf jedes Geräusch im Haus gelauscht, hatte aber weder seine Schritte gehört, noch wie er die Tür unten aufmachte. Sonst kam er immer wie ein Neandertaler und Türen knallend die Treppe runtergedonnert und diesmal war kein Mucks zu hören. Er muss geahnt haben, dass was im Busche ist, dass was nicht stimmt und hat sich angeschlichen,
lautlos wie ein Raubtier.

Ich dachte, mich trifft der Schlag, als ich ihn sah, dachte mir bleibt das Herz stehen.…
er stand da mit einem unfassbar widerlichen Gesichtsausdruck, wie eine Fratze, unbeschreiblich widerlich einfach und seine blauen Augen, in die ich mich mal so verliebt hatte, seine Blicke in meine Richtung waren eiskalt.

Ich stand da zitternd und weinend und er sagte nur:

"Hör auf so ein Theater zu spielen ! "

... drehte sich in Zeitlupe rum und ging seelenruhig in die Küche sich einen Kaffee holen.

Theater...? In mir krampfte sich alles zusammen...

ich zischte hin und her, von einem Raum in den anderen, hatte Panik was Wichtiges zu vergessen, was muss unbedingt noch mit? Einige paar Schuhe, die Hundehalsbänder und Leinen, 2 Mal Bettwäsche, ein paar Handtücher, ich konnte gar nicht mehr klar denken. Meine Papiere und Wertsachen und einige persönliche Dinge, die mir sehr am Herzen lagen, hatte ich schon im kleinen Büro in Tüten gestopft.

Dann ging es los…
er fing an hinter mir herzulaufen oder um mich rum und bedrohte mich unaufhörlich,
immer mit den gleichen Sprüchen:

~ wenn du gehst, werde ich dich zerstören,
~ ich werde dein Leben kaputt machen
~ ich soll mich vorsehen, denn wo immer ich auch bin, da ist er auch
~ und er ist noch lange nicht fertig mit mir

Was für ein unbeschreibliches Monster !

Er hatte komplett seine Maske fallen lassen, es gab ja für ihn nun keinen Grund mehr sich zu verstellen.

Ich konnte mich kaum noch auf den Beinen halten, bekam immer wieder Atemnot, Schweißausbrüche und Herzstiche, mußte mich immer wieder hinsetzen, weil mir schwindelig wurde und mein einziger Gedanke war nur noch:

Reiß dich zusammen, reiß dich zusammen, fall` jetzt bloß nicht um.

Ich brachte meine Hunde zu den Nachbarn rüber, hatte solche Angst, dass er sie sich packt und ihnen was antut, nur um mir weh zu tun, um seinem "Dienstmädchen", dass sich jetzt aus dem Staub machen will, noch eins reinzuwürgen.

Wieder zurück im Haus merkte ich schnell, dass es ein Ende hatte noch zu versuchen einiges von meinen Sachen einzusammeln, denn er hatte mittlerweile so ziemlich jeden Raum im Haus abgeschlossen, ich kam gar nirgens wo mehr rein oder ran.

Ich stand da völlig hilflos und verzweifelt im Flur, als er aus der Küche wieder auftauchte, mit einem Leberwurstbrot in der Hand und ging dann wieder, wie in Zeitlupe, seelenruhig am Brot knabbernd, an mir vorbei. Dieser überhebliche, langsame Gang und sein unglaublich hämischen Grinsen im Gesicht, das hätte mal jemand sehen sollen, einfach unbeschreiblich abscheulich, über alle Maßen abartig...und bedrohlich.

Und ich schwöre es, er hat meine Angst genossen, das war nicht nur so ein Gefühl, da bin ich mir absolut sicher !
Ich habe es in jeder Faser meines Körpers gefühlt, er hat meine Angst in volle Zügen genossen und dass er Herr der Lage war.

Was der Grund für sein merkwürdig-unverschämtem Grinsen war, wurde mir erst viel später klar,
als ich in dem kleinen Ort an der Ostsee ankam.

In der Zeit als ich drüben bei den Nachbarn die Hunde abgegeben hatte, ist er ins Büro, hat meine Tüten durchwühlt und sich alles gegrabscht, was da an meinen Wertsachen zu finden war.

Dieses Schwein hat mir am Ende noch meinen Schmuck geklaut,
im Wert von über 12 000.-€uro
den B
rief von meinem kleinen Daihatsu, meine Kamera, meinen Handyvertrag…ec….
es war einfach alles weg.

Ich war so durch den Wind, so hektisch und fix und fertig und voller Angst vor ihm, ich habe es nicht mal gemerkt, dass in den Tüten was fehlte, als ich sie, in Windeseile, zum Auto schleppte.

Es waren sogar noch 2 Tüten mehr, als ich eingepackt hatte, denn er hatte,
man kann es sich kaum vorstellen...
mir noch 2 oben zugeknotete Mülltüten dazu gestellt.

Was für ein unfassbar schäbiges Schwein !

Ich bin kein Freund von Schimpfwörtern, aber bei solch einem liederlichen Verhalten,
fällt mir kein anderes Wort mehr ein.

Ich hatte fast alle Tüten/Taschen oben irgendwie zugemacht, damit mir nicht alles durch das Auto kullert,

so ist es mir einfach nicht aufgefallen, wie auch in so einer Situation...?

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Er hätte sich tot gesoffen, wäre elendig verreckt da oben unterm Dach, mit seinem Schlaganfall, seinem vielen Alkohol und der Kettenraucherei, wenn ich mit meinem Anruf beim Notarzt nicht eingeschritten wäre.

Und das war sein Dank !

Ich rette ihm das Leben und er nimmt mir meins.
Da werde ich niemals mit klar kommen, niemals drüber wegkommen...
kälter kann ein Mensch nicht sein.

Mein ganzes, vorheriges Leben war plötzlich wie ausgelöscht und ich stand da,
alleine, in einer fremden Stadt, mit NICHTS !
Es ist kaum auszuhalten oder zu beschreiben, was da in einem vorgeht.

Hätte ich ihn lieber sterben lassen, mich nicht kümmern sollen ?
Vielleicht aus Gehässigkeit, für das was er mir vorab schon ang
etan hat ?

Warum bin ich nicht einfach eher gegangen ?

Warum habe ich so verzweifet versucht ihn zu retten ?

Ich kann es eigentlich nicht wirklich beantworten ?

Frauen sind wohl so gestrickt, das sie nicht einfach aufgeben...?

Quälende Gedanken immer wieder !

Wäre es besser gewesen nicht den Notarzt zu rufen ?
Dann hätte ich alle meine Sachen noch, samt Schmuck und meinem Wohn
mobil,
denn auch das gehört ihm jetzt, er steht im Brief.

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Wie durchtrieben, listig und gerissen er mich da reingelegt hat, das ist schon krass !
Das Wohnmobil hatte ich gekauft, zu der Zeit als wir unsere gemeinsame Zukunft planten, als fest stand, dass ich zu ihm ziehe und wir im Haus auch schon ordentlich am werkeln waren und auf dem Grundstück war auch jede Menge Platz meinen Oldie zu parken,
sonst hätte ich mir das Fahrzeug ja gar nicht angeschafft.

Er fuhr zum Strassenverkehrsamt, das Wohnmobil anmelden und um mich in den Brief eintragen zu lassen. Als er wieder kam, gab er mir den Brief, ich sollte ihn mal ganz schnell wegpacken und mitkommen, er wollte mir was ganz Wichtiges im Nebengebäude zeigen.
Er
hätte eine ganz tolle Idee! Er könnte ja für mich da eine Sauna einbauen und wollte mir erklären wo und wie.

Ich war total abgelenkt und habe mich gefreut, kam gar nicht drauf mal in den Brief zu schauen, warum auch?

Wenn man dem Mann, den man liebt, mit dem man mittlerweilde schon 5 1/2 Jahre zusammen ist, mit dem man nun gerade eine gemeinsame Zukunft plant und zusammen zieht, der wirklich alles tut um seiner Freundin eine Freude zu machen, auch aufwendige Umbauten am Haus, mir zu Liebe, nicht nur plant, sondern umsetzt, der wirklich alles tut um mich glücklich zu machen, wenn man diesem Mann nicht vertraut,
ja, um Himmels Willen... wem denn dann?

Es war zu dem Zeitpunkt in keinster Weise zu erahnen, zu erwarten oder auch nur ansatzweise zu vermuten, dass er ein falsches, ganz böses Spiel mit mir treibt.

Während ich nun damit beschäftigt war, wo wir im Haus meine Möbel einbringen, hatte er schon im Kopf:

" Wenn es mir DER in die Brüche geht, gehört das Wohnmobil schon mal mir."

Das muss man sich mal vorstellen ?

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Auch viele ganz persönliche und liebgewonnene Gegenstände,
Andenken, Geschenke von meinen Eltern, meiner Oma, von Freunden
oder Sachen die man sich gekauft hat, weil man sie schön fand...
ich musste alles zurücklassen, alles an dem mein Herz hing.

Aber meine kleine Morle hatte ich eingepackt, sie war mir so wichtig, sie musste mit !

Als ich 3 Jahre alt war bekam ich von meiner Mutter ein zuckersüßes, kleines Negerpüppchen zu Weihnachten geschenkt. Sie bekam den Namen Morle, ich liebte sie wie verrückt, sie war mein Ein und Alles. Ich wurde älter, wir zogen 2 Mal um und irgendwann war Morle weg. Keiner wusste wo sie abgeblieben ist, sie war und blieb verschwunden.

Nun, zu meinem 30 Geburtstag bekam ich ein Paket von meiner Mutter, ich öffnete es und mir kullerten die Tränen…
dari
n lag eine bezaubernde Puppe.
Es war nicht meine Original - Morle, aber ihr zum Verwechseln ähnlich und überhaupt fand ich das so eine tolle Idee von meine Mama, ich war einfach über alle Maßen gerührt. 1996 ist meine über alles geliebte und wunderbare Mutter dann, nach einem langen, sehr schweren Krebsleiden, von uns gegangen und diese, meine Puppe, war eben etwas ganz Besonderes für mich, etwas so liebevolles von ihr,
was ich wie meinen Schatz hütete.

Er wusste wie sehr ich an dieser Puppe hing, was sie mir bedeutet und auch meine Morle war weg.
Selbst an meiner Puppe hat er sich vergriffen, sie mir aus einer der Tüten geklaut, nur um mir weh zu tun,

wie krank...

und ich hoffe, dass er, nur alleine dafür, irgendwann in der Hölle schmort.

So viele Menschen haben mir gesagt, ich soll einen Schluss-Strich ziehen, nach vorne schauen, nicht zurück,
alles ist ersetzbar…

aber das ist es eben nicht !

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Und dieses eiskalte Ding, dieses Monster rennt heute noch rum und behauptet,
ICH hätte ihm was angetan und ICH würde ihm was schulden.

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